Komplexität – ja, bitte!
In einem Artikel des Soziologen Hartmut Rosa habe ich kürzlich eine Formulierung entdeckt, die mich nicht mehr losgelassen hat: „Über unserer Gesellschaft liegt eine Art Mehltau“. In diesem Bild kann ich mich sehr gut wiederfinden. In den letzten Wochen hatte ich tatsächlich das Gefühl, mit einer klebrigen Schicht überzogen zu sein, die mich gelähmt und beschwert hat. Nichts ging richtig voran, alles schien still zu stehen. Selbst meine Kreativität und Schöpfungskraft kamen nicht mehr so recht in Schwung.
Plötzlich hatten sich eine gewisse Eintönigkeit und Eindimensionalität in mein Leben geschlichen, ich nahm mir lieber nichts mehr vor, wer weiß, ob die Umstände eine Umsetzung noch zulassen würden? Mein reiches und buntes Leben wurde „einfach“. Und zwar im Sinne von simpel und eindimensional. Zwar existieren unzählige Ratgeber und Artikel darüber, wie sinnvoll es sein kann, das Leben zu vereinfachen – aber zu einfach? Nein, auf keinen Fall. Wir Menschen sind komplexe Wesen, mit komplexen Fähigkeiten und Potenzialen, die Raum brauchen. Deshalb lautet mein Mantra jetzt wieder: „Complexify your life!“ Ich lade wieder mehr Vielfalt in mein Leben ein und das fühlt sich sehr viel angenehmer an.
Klar ist das auch mit Scheitern und Frustration verbunden, mit Verschieben, Aufgeben und dann doch wieder Verzichten. Aber es macht mein Leben reicher.
Scheitern zeigt uns, wie schwer das Gelingen ist. Und Gelingen, wie schwer uns das Scheitern fällt. Beide sind siamesische Zwillinge, eines geht nicht ohne das andere. Dieses „sowohl als auch“, wie es meine Lehrerin Diana Sans nennen würde, gilt es immer wieder wahrzunehmen, zu betrachten und sein zu lassen.
Dieser Gedanke ist mein Brennnesselsud, mit dem ich meinem Mehltau jetzt zu Leibe rücke .
In diesem Sinne wünsche ich Euch eine komplexe Zeit!
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